Neues Jagdjahr und noch keinen Jagdschein?
Mit Änderung der Waffengesetzes im Oktober 2024 ist bei der Verlängerung des Jagdscheins nun die Überprüfung der waffenrechtlichen Zuverlässigkeit erforderlich. Der Gesetzgeber hat allerdings verabsäumt, die strukturellen Voraussetzungen hierfür sicherzustellen; dennoch ist das Gesetz ohne Übergangsregelung in Kraft getreten. Waffen- und Jagdbehörden sind am Limit – was früher eine kleine Rotineaufgabe war, erwächst nun zu einem ungeheuren Verwaltungsaufwand.
Zu Recht fordert der Deutsche Jagdverband e.V. dazu auf, Jagdscheine unverzüglich zu verlängern, wenn keine Anhaltspunkte für die fehlende Zuverlässigkeit oder persönliche Eignung bestehen. Ein Widerruf sowie die Sicherstellung ist den Behörden jederzeit möglich, sofern sich solche Anhaltspunkte nachträglich ergeben.
Dennoch warten viele Jagdscheininhaber auch nach Beginn des neuen Jagdjahres auf die Verlängerung ihres Jagdscheins. Dies ist besonders prekär, denn ohne gültigen Jagdschein
- entfällt die Besitzerlaubnis für Langwaffenmunition, sofern keine gesonderte Erwerbsberechtigung in der WBK eingetragen ist
- besteht bei Jagdpächtern die Gefahr, dass-je nach vertraglicher Regelung- der Jagdpachtvertrag erlischt oder gekündigt werden kann
- kann die Jagd nicht gesetzeskonform ausgeübt werden
- verlieren die amtlich bestätigten Jagdaufseher ihren Status
Bei allem Verständnis für die betroffenen Behörden sollte man diese Situation nicht hinnehmen. Der Gesetzgeber sieht eine maximale Bearbeitungsfrist von 3 Monaten vor, hiernach kann eine sogenannte „Untätigkeitsklage“ auf Entscheidung über den Antrag erhoben und eine Entscheidung auf diesem Wege erzwungen werden. Es kann einfach nicht sein, ein Gesetz über das Knie zu brechen, ohne sich hierbei der Konsequenzen für Bürger und Behörden im Klaren zu sein.
Sind Sie betroffen? Wir helfen Ihnen gerne mit einer entsprechenden Klage weiter – bitte wenden Sie sich telefonisch oder über unser Kontaktformular vertrauenvoll an uns!
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LG Münster: Auch vorübergehender Erwerb von Kurzwaffen allein mit Jagdschein möglich
von RA Georg H. Amian
Eine in der Literatur vieldiskutierte Frage hat das Landgericht Münster mit Beschluss vom 27.01.2021 (23 Gs 3031/20) nun geklärt – nämlich, ob der vorübergehende Erwerb (§ 12 Abs. 1 WaffG) auch von Kurzwaffen allein aufgrund des Jagdscheins und ohne Besitz einer Waffenbesitzkarte möglich ist.
Dem lag folgender Sachverhalt zu Grunde:
Ein Jagdscheininhaber, der seinen Jagdschein gerade erhalten und noch nicht im Besitz einer WBK war, erwarb von einem anderen Jäger vier Lang- und zwei Kurzwaffen. Innerhalb der gesetzlichen Fristen meldete er sich telefonisch bei der zuständigen Waffenbehörde und bat um einen Termin zur Anmeldung der Waffen. Hierbei wurde ihm bereits unterstellt, er habe durch den Erwerb der Waffen bereits gegen das Waffengesetz verstoßen.
Hierauf wandte sich der Jagdscheininhaber an mich und bat darum, die weitere Korrespondenz mit der Waffenbehörde zu führen. Im Auftrag des Mandanten erfolgte sodann die Anmeldung der Waffen auf den amtlich vorgeschriebenen Formularen mit dem Hinweis, dass der vorübergehende Erwerb von Waffen nach § 12 Abs. 1 WaffG erlaubnisfrei möglich sei, da der Jagdschein einer Waffenbesitzkarte gleichzustellen ist; Ziff. 12.1.1 WaffVwV.
Eine Reaktion der Waffenbehörde erfolgte zwei Monate lang nicht – stattdessen suchte die Staatsanwaltschaft Münster den Jagdscheininhaber mit einem Durchsuchungs- und Beschlagnahmebschluss auf; Vorwurf: unerlaubter Waffenbesitz.
Gegen den Beschluss legten wir Beschwerde ein. Da das Amtsgericht Münster der Beschwerde nicht abhalf, wurde die Sache dem Landgericht Münster vorgelegt. Dieses entschied zu Gunsten des Jagdscheininhabers:
Es fehle bereits an einem Anfangsverdacht wegen Verstoßes gegen das WaffG. Der Beschuldigte sei aufgrund seines Jagdscheins berechtigt, Waffen auch ohne vorherige Erwerbsberechtigung vorübergehend im Sinne des § 12 Abs. 1 Nr. 1 WaffG zu erwerben. Der Jagdschein reiche hierfür aus; Ziff. 12.1.1 WaffG.
Zudem sei die Maßnahme unverhältnismäßig, da der Beschuldigte selbst den Besitz der Waffen eingeräumt habe und daher die Durchsuchung zur Sachaufklärung nicht notwendig gewesen sei.
Sie sei auch zum Zwecke der Einziehung nicht gerechtfertigt gewesen, denn weder sei die Durchsuchung zum Zweck der Sicherstellung erfolgt, noch habe das erfoderliche Sicherstellungsbedürfnis vorgelegen. Ebensowenig sei auch die erfolgte Beschlagnahme gerechtfertigt gewesen.
Für mich kam diese Entscheidung nicht überraschend, aber:
Bisher wird in der Literatur überwiegend die Auffassung vertreten, der vorübergehende Erwerb ohne Besitz einer Waffenbesitzkarte nur aufgrund des Jagdscheins sei nur für Langwaffen möglich; für Kurzwaffen bedürfe es zumindest des Besitzes einer WBK. Dem ist der klare Wortlaut der Zif. 12.1.1 WaffVwV entgegenzuhalten, der ausdrücklich sagt:
„Die Freistellung nach Nummer 1 von der Erlaubnispflicht wird nur Inhabern von WBK oder diesen gleich zu achtenden Erwerbs- und Besitzerlaubnissen gewährt. Beispiele hierfür sind: Waffenhandelserlaubnis für erlaubnispflichtige Waffen, gültige Tages- oder Jahres-Jagdscheine, Ersatzbescheinigung nach § 55 Absatz 2.“
Mit der Entscheidung des LG Münster dürfte dies nun auch bestätigt sein.
E D I T :
Das VG Münster vertritt eine gegenüber der Entscheidung des LG Münster völlig gegensätzliche Auffassung und hat -zunächst im Eilverfahren- einen Verstoß gegen die Erwerbserlaubnispflicht bejaht (VG Münster, Beschluss v. 02.07.2021, Az. 1 L 365/21). Es bleibt nun abzuwarten, wie im Hauptsacheverfahren entschieden wird.
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