Was ist der Pflichtteil?
Der Pflichtteil ist in den §§ 2303 BGB gesetzlich geregelt. Pflichtteilsberechtigt sind grundsätzlich alle leiblichen Abkömmlinge des Erblassers, sofern sie von der Erbfolge -durch Testament oder sonstige letztwillige Verfügung- von der Erbfolge ausgeschlossen sind.
Gleiches gilt auch für den Ehegatten des Erblassers (§ 2303 Abs. 2 BGB) – allerdings nur unter der Voraussetzung, dass die Ehe noch Bestand hat. Ist die Ehe gescheitert und hat der verstorbene Ehegatte noch vor seinem Tod Antrag auf Scheidung gestellt oder einem Scheidungsantrag des überlebenden Ehegatten zugestimmt, entfällt der Pflichtteilsanspruch; § 1933 BGB. Erfoderlich ist aber, dass der Antrag zulässig war, d.h. das Trennungsjahr bereits verstrichen ist.
Wie hoch ist der Pflichtteilsanspruch?
Der Pflichtteil beträgt die Hälfte des gesetzlichen Erbteils; ist also davon abhängig, wieviele weitere Erben welcher Ordnung noch vorhanden sind.
Beispiel:
Erblasser V hinterlässt Ehefrau E, mit der er im gesetzlichen Güterstand gelebt hat, und zwei Kinder K1 und K2. In seinem Testament hat V verfügt, dass seine Ehefrau E und sein Kind K1 den gesamten Nachlass je zur Hälfte erhalten. K2 ist damit enterbt.
Welchen Pflichtteilsanspruch hat K2?
Nach gesetzlicher Erbfolge stünde E ein Viertel Erbteil sowie ein weiteres Viertel fiktiver Zugewinnausgleich (§ 1371 Abs. 1 BGB ) zu, insgesamt also 1/2. Der gesetzliche Erbteil der beiden Kinder beträgt dan von der verbleibenden Hälfte je 1/2, mithin 1/4 je Kind.
Der Pflichtteil des K2 beträgt die Hälfte hiervon, somit 1/8.
Dies ist ein einfaches Besipiel; bei komplexeren Sachverhalten ist eine genauere Prüfung erforderlich. Gleiches gilt, wenn die Ehegatten im Güterstand der Gütertrennung oder -vereinzelt noch denkkbar- der Gütergemeinschaft gelebt haben.
Eine genauere Prüfung ist auch dann erforderlich, wenn der güterrechtliche Zugewinn -also der, der auch im Falle einer Scheidung anhand der tatsächlichen Verhältnisse ermittelt würde- höher ist, als die zugedachte Erhöhung des Erbteils um ein Viertel. Hier ist genau zu prüfen, ob nicht eine sogenannte taktische Ausschlagung Sinn macht. Das heißt, die Ehefrau schlägt das Erbe aus und macht ihren Pflichtteil plus den güterrechtlichen Zugewinnnausgleich geltend. In Anbetracht der kurzen Ausschlagungsfrist von 6 Wochen ist hier schnelles Handeln geboten!
Kann ich meinen Pflichtteil schon zu Lebzeiten des Erblassers geltend machen?
Nein! Es ist ein weitverbreiteter Irrglaube, dass ein Pflichtteilsanspruch schon zu Lebzeiten geltend gemacht werden kann. Möglich ist allenfallls ein Erbverzicht gegen Abfindung, der allerdings die uneingeschränkte Mitwirkung des Erblassers erfodert, also nur einvernehmmlich stattfinden kann.
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